In der Praxis häufen sich heute Undichtigkeiten an Glas-Metall-Dächern – insbesondere bei Beständen ab den 1990er-Jahren, grundsätzlich aber baujahrsunabhängig, wenn Systemprinzipien beeinträchtigt sind. Frühe, sachkundige Eingriffe verhindern oft kostenintensive Folgeschäden.
1. Ausgangssituation aus Sicht des Eigentümers
Das Glasdach war „von Anfang an irgendwie nicht ganz dicht“. Über Jahre wurden verschiedene Firmen beauftragt; es folgten Abdichtungsmaßnahmen, Nachsilikonierungen bis hin zur Erneuerung einzelner Verglasungselemente. Investiert wurde mehrfach – dauerhaft geholfen hat nichts.
Mit jeder Maßnahme schien das Problem eher zu wandern als zu verschwinden, und nach einiger Zeit trat es erneut auf. Dieses Schadensbild ist bei Glas-Metall-Dächern aus den 1990er- und 2000er-Jahren häufig zu beobachten und lässt sich technisch erklären.
2. Bauart und Funktionsprinzip
Häufig wurden in dieser Zeit Aluminium- oder Stahlprofile in Pfosten-Riegel-Bauweise verwendet. Diese Konstruktionen bestehen aus vertikalen Pfosten und horizontalen Riegeln, die die Lasten großflächiger Verglasungen sicher in das Bauwerk ableiten. Sie sind als drainierende und druckausgleichende Systeme konzipiert, die begrenzt eindringendes Schlagregenwasser und bauphysikalisch anfallendes Kondensat aufnehmen und über Drainagekanäle kontrolliert nach außen ableiten.
Wesentliche Grundlage für die dauerhafte Funktion ist der mehrstufige Dichtungsaufbau: eine funktionsfähige äußere Wetterdichtung, eine innere Luft- und Dampfsperre sowie ein funktionierender Druckausgleich. Besonders bei nur schwach geneigten Glasdächern sind diese Prinzipien entscheidend, da hier Wasser länger auf den Bauteilen verbleibt und Bewegungen stärker wirken.
3. Warum Provisorien das Problem oft verschärfen
In der Praxis zeigt sich, dass bei vielen nachträglichen Abdichtungsmaßnahmen dieses Konstruktionsverständnis fehlt.
Gut gemeint ist nicht automatisch gut gemacht. Nachträgliches, breitflächiges Nachsilikonieren oder gar das großflächige Beschichten mit Flüssigkunststoff führt regelmäßig zu einer Verschlimmbesserung.
Diese Maßnahmen blockieren häufig die vorgesehenen Entwässerungswege oder den Druckausgleich innerhalb des Systems. Wasser kann dann nicht mehr kontrolliert ablaufen, staut sich, sucht sich neue Wege und tritt an anderer Stelle aus.
Zudem altern außen liegende Versiegelungen unter UV- und Witterungseinfluss schnell und reißen. Auch der reine Austausch der Gläser bringt ohne Wiederherstellung der Systemfunktion keine nachhaltige Verbesserung.
Fachlich zielführend ist daher nicht das Verkleben von Fugen, sondern das Wiederherstellen der konstruktiven Systemfunktion.
4. Lebensdauererwartung und Alterung der Bauteile
Metall und Glas gelten im allgemeinen Verständnis als „unkaputtbar“. Daraus entsteht oft die Annahme, dass Dächer eine Lebensdauer von fünfzig Jahren und mehr erreichen müssen.
Tatsächlich sind die tragenden Aluminium- oder Stahlprofile sehr langlebig. Die Funktionsfähigkeit des Systems hängt jedoch maßgeblich von anderen Komponenten ab, die eine deutlich begrenztere Gebrauchsdauer besitzen, wie zum Beispiel Isoliergläser (etwa 25–30 Jahre) oder Verglasungsdichtungen (etwa 20-25 Jahre) Bei fachgerechtem Einbau und abhängig von UV-Strahlung, Temperatur und Pflege.
Gerade im Dachbereich – mit längeren Benetzungszeiten, Schnee- und Eislasten sowie starker Sonneneinstrahlung – sind regelmäßige Inspektionen, Reinigung und Wartung unerlässlich.
5. Typische Folgeschäden bei unvollständigen Sanierungen
In Beständen, in denen wiederholt provisorische oder unvollständige Abdichtungen vorgenommen wurden, treten häufig zusätzliche Schäden auf.
Die Folgen sind Tropfwasserbildung, verdeckte Durchfeuchtungen in angrenzenden Bauteilen (Decken, Wänden, Bodenanschlüssen) sowie Sekundärschäden wie Korrosion oder Schimmelbildung.
Oft sind diese Schäden nicht unmittelbar sichtbar, sondern entwickeln sich über längere Zeiträume.
6. Praxisfall – Atriumdach in Pfosten-Riegel-Bauweise
Ein Eigentümer eines großen Atriumdachs hatte seit der Bauübergabe „gelegentliche“ Tropfenbildung bei Schlagregen an unterschiedlichen Stellen.
Mit zunehmender Häufigkeit der Undichtigkeiten wurden verschiedene Unternehmen beauftragt, die jeweils versuchten, die Leckagen durch Abdichtungen zu beseitigen.
Über die Jahre wurden Silikonfugen ergänzt, Abdeckbänder aufgeklebt und einzelne Rinnenbereiche erneuert.
Die Leckagen reduzierten sich kurzfristig, traten jedoch später an anderen Stellen wieder auf.
Schließlich ließ der Eigentümer alle Profile und Anschlüsse großflächig und fachgerecht mit Flüssigkunststoff beschichten – die äußere Ebene war damit vollständig dicht.
Da jedoch weiterhin Undichtigkeiten auftraten, wurde schließlich ein Sachverständiger hinzugezogen.
Im Rahmen der sachverständigen Untersuchung wurde das Konstruktionsprinzip des Systems sowie das Prinzip der Kondensatbildung und Entwässerung erstmals erläutert.
Es zeigte sich, dass die Vielzahl an Sanierungsmaßnahmen das eigentliche Problem nie beseitigt hatte.
Die Folge: Eine umfassende und kostenintensive Sanierung war nun unumgänglich.
7. Bewertung und Entscheidungslogik
Je nach Alter der Konstruktion und Art der Undichtigkeiten können sehr unterschiedliche Sanierungsmaßnahmen erforderlich sein.
Diese müssen neben den konstruktiven Aspekten auch das Alter der Bauteile, die Verfügbarkeit von Ersatzteilen sowie die Entwässerungs- und Rinnenausführung berücksichtigen.
Eine sachgerechte Beurteilung einer undichten Metall-Glas-Konstruktion muss diese unterschiedlichen Aspekte berücksichtigen.
Neben der baulichen Historie sind auch der aktuelle Zustand und die bisherige Nutzung entscheidend, um eine fachlich begründete Handlungsempfehlung für die weitere Sanierung zu geben.
8. Schlussfolgerung und Empfehlung
Jede zusätzliche „Provisoriumsschicht“ erhöht die Komplexität des Schadensbildes, erschwert die Diagnose und kann Folgeschäden begünstigen.
Demgegenüber ermöglicht eine systemgerechte Instandsetzung mit nachweislich funktionierender Dicht- und Entwässerungslogik planbare Kosten, nachvollziehbare Ergebnisse und Rechtssicherheit.
Bei Glas-Metall-Dächern dieser Baujahre empfiehlt sich – unabhängig vom akuten Schadensbild – ein präventiver Check der funktionsbestimmenden Komponenten in definierten Intervallen.
Fazit:
Glas-Metall-Dächer in Pfosten-Riegel-Bauweise sind langlebig, wenn ihre Systemlogik intakt ist.
Provisorische Nachdichtungen ohne Kenntnis des Aufbaus beheben die Ursache nicht, sondern verschieben oder verstärken das Problem.
Ist ein Element undicht, sollte stets eine fundierte Analyse, eine geplante Vorgehensweise und eine fachgerechte Sanierung erfolgen.
Angesichts begrenzter Gebrauchsdauern einzelner Komponenten sind regelmäßige Inspektionen und Wartungen, insbesondere im exponierten Dachbereich, entscheidend.
Für Eigentümer gilt daher:
Nicht noch ein gut gemeinter Abdichtungsversuch ohne fundierte Diagnose – sondern die nachhaltige Wiederherstellung der Systemfunktion.
Der Autor ist öffentlich bestellter und vereidigigter Sachverständiger für das Metallbauhandwerk (HWK Berlin) mit den Schwerpunkten Begutachtung, Bewertung und Beratung zu Metall-, Glas- und Fassadenkonstruktionen. Kontakt